Verschwörungstheorien

Erdbebenmaschine gegen Japan eingesetzt„, „Genozid durch Schweinegruppe„, usw.

Diese Nachricht kam mir heute auf Facebook nach dem recht tragischen Erdbeben samt Tsunami und womöglicher Kernschmelze in den AKWs zugeflogen:

Bilderberger Sklaven via Nina Lasarow
Die Antwort von Takenaka war, „weil Japan von einer Erdbebenmaschine bedroht wurde!!!“ – MDVsoft®

Da solche Themen doch recht große Tragweite finden, macht es vielleicht Sinn das Thema etwas aufzurollen und vielleicht spornt mein Kommentar den ein oder anderen auf, allerlei Sachen zu überdenken. Vielleicht auch Diskussionen zu starten.
So gesehen aber auch ein Archivier-Versuch des Kommentars, weil in Facebook vieles untergeht und dadurch nach einiger Zeit die Diskussionen oft stoppen.

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Technisch: Die Person im Blog argumentiert damit, dass menschlich geschaffene Ionosphären-veränderungen Erdbeben erschaffen würden. Allerdings ist die Sache doch genau umgedreht. Die Ionosphäre reagiert auf bevorstehende Erdbeben, indem Gestein, das unter Druck steht, elektromagnetische Ladungen freisetzt und diese dann die Ionosphäre beeinflussen. Die Ionosphäre ist damit maximal (nicht mal zuverlässig) ein Indikator, ein Symptom, für ein Erdbeben, kein Auslöser. Daher auch ein Warnsystem für bevorstehende Erdbeben, weil’s als Symptom einhergeht. Dass elektromagnetischen Wellen der US-Army Erdbeben schaffen, liegt ebenso fern. Wo zur Hölle soll man so locker dermaßen viel Energie herzaubern? Das würde das Infrastrukturnetz der USA plätten.

Und jetzt mal ehrlich, allein schon die Logik: Wer ist denn so suizidal + machtvoll überhaupt daran zu denken, AKWs anzugreifen?! Will man sein Leben lang Orte meiden und angstvoll Nahrung zu sich nehmen, weil sie irgendwie aus Japan importiert sein oder damit zu tun haben könnte? Ein klares Ausmaß ist nicht vorhersehbar, so ein angeblicher „Rachestrahlungs-Schlag“ hätte auch sehr risikoreich sein können – vor allem wenn man als fremder Staat nicht permanent nach der AKW-Ausrüstung sehen kann und die „Rachestrahlung“ damit Unvorhersehbares umsetzen könnte.

Außerdem piesacken sich Staaten das ganze Jahr über. So oft wie das passiert, müsste es fast jeden Tag eine Rache-Katastrophe geben. Bei Verschwörungstheoretikern zählt dann aber i.d.R. immer nur das zeitig am besten passendste Gespräch vor dem Unfall. Alle anderen Sticheleien sind wie nicht existent. Deswegen ist es auch so einfach für alles eine Interessenkonflikt-Begründung zu finden: Es sticheln ja auch alle das ganze Jahr fleißig gegeneinander – da ist immer was über, um’s irgendwo anzupassen. Nebenbei werden irgendwie auch oft wichtige Personen zitiert, zu deren Zitaten es keine Aufnahmen gibt. Einfach in den Wind behauptet.

Genauso der Schweinegrippen-Genozid:

Es besteht Konsuminteresse (daher Impfüberflutung), weil ein guter Verkauf den Porsche in der Garage sichert. Aber das war’s auch schon. Wozu sollte man Bevölkerungsteile loswerden wollen? Die Infrastruktur und das eigene preiswerte Luxusleben wären in Gefahr (weniger Konsumenten, an denen man verdienen könnte), keine Turbo-Technikrevolution mehr, kein Ausbeuten armer Länder. Alles würde teurer werden, langsamer vonstatten gehen und komplizierter werden (weil man mit weniger Personen klarkommen müsste – also auch ihre Gunst bräuchte).

Menschen sind vielleicht etwas gierig, aber wahnsinnige massenmörderische Spinner gibt es sehr, sehr wenige. Macht kriegen solche nur, wenn die Bevölkerung irgendwie Zustimmung walten lässt. Was ja oft wegen extremen Lebensumständen dann doch angenommen wird. Unter besseren Umständen toleriert eine Bevölkerung keinen Mr. Absolut-Unberechenbar an der Spitze – viel zu groß die Gefahr, eigene Verluste dabei einzuheimsen. IdR ist fast jeder daran interessiert, dass unsere Infrastruktur funktioniert, damit Handel möglich ist, damit Nachfrage besteht, damit man sich selbst unter Zuhilfe anderer (weil man eben von allerlei Bevölkerungsteilen abhängig ist – ob Produzent oder Konsument) über Wasser halten kann.

Bei nicht konkret ausgeführten Studien gibt es bergeweise Radau. Aber komplett Unbelegtes ohne jeglichen Nachweis oder Überprüfungsmöglichkeit wird dann einfach so geglaubt. Es werden nicht mal Kritikseiten für ein objektiveres Bild einbezogen.
Es sitzen keine Millionen von Menschen verstrickt mit dem Ziel andere über physikalisch nachweisbare Gesetze durch ein angeblich falschinformiertes Studium hinters Licht zu führen. Würde auch nicht klappen, weil immer einer zwitschert oder Technologie für sich nutzen würde.
Das gemeinsame Leben funktioniert auch so gut.

Was wollen Verschwörungstheoretiker denn? Sie haben doch idR alles, was man braucht. Warmes Zuhause, Essen, die Möglichkeit, an alles zu glauben, Lernorte, mehr Gesundheit als je eine Generation vor uns hatte, ja sogar Luxus. Wenn „Ausradieren“ das Ziel wäre, würde sich unser Miteinander nicht stetig zu einer immer kleiner werdenden Armuts-Lage weltweit entwickeln. Mit Menschen, die immer länger leben als je zuvor. Anscheinend geht’s der Gesundheit und uns doch stetig immer besser. Einfach deswegen, weil idR jeder versucht, auch auf sich zu achten und dadurch alle insgesamt nach und nach (manchmal auch mit Steinen in den Wegen) zu einem gemeinsamen Schnittpunkt kommen.

Wir sind alle hier und wir sind so verknüpft, dass wir abhängig voneinander sind und aufeinander angewiesen sind. Besonders in dieser globalisierten Welt. Und mit der Zeit wird man immer mehr Kompromisse (anfangs sicher auch bröckelig umgesetzt) daraus eingehen müssen, bis ein möglichst starker Konsens gefunden ist. Schließlich macht der Mensch rasante Entwicklungen weltweit durch, sodass es irgendwann anders kaum noch geht, wenn man denn ein gutes Dasein haben möchte.

Wunsch etwas zu tun?
Die Welt ist nicht ohne Verschwörungen langweiliger. Man muss nur das Faszinierende für sich selbst finden.
Und wer helfen möchte, der kann Obdachlosen gerne beibringen, wie man schreibt und liest, damit sie einen Beruf finden. Oder sich sonst wie einsetzen. Es gibt genug „Sichtbares“, was man anpacken kann, dazu braucht man nicht abstrakte Verschwörungs-Kopfwelten. Geht raus und tut was, wenn ihr helfen wollt. Sich darüber zu ereifern auf welche Millionen Arten der nächste Genozid kommen könnte, bringt keinem was.

Und selbst für den extrem unwahrscheinlichen Fall, dass wer Weltteile in die Luft sprengen würde: Was hätte es einem gebracht, Stunden für Stunden dafür zu investieren, sich allerlei unbewiesene und sonst wie an den Haaren herbeigezogene Theorien durchzulesen und damit das richtige Leben an einem vorbeilaufen sehen? IdR sitzen alle Verschwörungsgläubige in einem feinen Zuhause und schütteln nur den Kopf über das Drama. Kaum wer sagt „So, jetzt lerne ich das Fach von _allen_ Seiten kennen und bilde mir dann ein Urteil“. Kein Innovationsfortschritt aus dieser Richtung. Und würde die Welt sich auflösen, würde man es aufgrund von Unwissenheit und nur bruchstückartigem Wissen und wenig Einbezug in die Materie ohnehin nicht stoppen können. Das müssten dann die wirklichen Experten, die wir dann zu Hilfe rufen würden.
Also wozu das Drama? Ist es nicht besser einfach irgendwas, wenn schon, dann richtig zu machen? Ist es nicht besser die kaum sinnvoll investierte Zeit vorm PC lieber fürs richtige Leben da draußen einzusetzen? Für ein glückliches Beisammensein.

Man hat mir mal gesagt, dass ein Mitarbeiter einer Art Computersuchtklinik meinte, es gebe an sich keine Computersucht, weil es keine Entzugssymptome gebe. 99% wären depressiv und würden daher zum langsamen Resozialisieren, für Anerkennung und zum Ablenken von der Misere sich so sehr an den PC festkleben. Für mich klingt das leider sehr nachvollziehbar…
Jemand, der ein ausgefülltes Leben hat, verbringt nicht so viel Zeit damit. Für den hat die Welt und die Menschen darin viel mehr zu bieten als dass man sich ewig lang in seinem Zimmer am PC abzulenken versuchen würde.

Aufbruch! Ein neuer Weg?
Also kommt schon Leute, werdet zu Experten, erforscht direkt, versucht aus allen Blickwinkeln heraus ein gutes Urteil zu bilden – nicht immer nur eine undurchsichtige Quelle. Studiert das entsprechende Fach oder versucht euch an direkter Teilnahme bei Hilfsaktionen – stellt gar ein eigenes Hilfsprojekt auf. Sucht die Auseinandersetzung mit mehreren Themenexperten, denen ihr Ideen erzählen könntet. Es macht keinen Sinn als Laie andere Laien zu belehren, sprecht lieber mit wem, der auch die andere Seite des Blickwinkels kennt.
Und wenn das Dramainteresse nur ein Ablenkungsmannöver fürs frustrierte Leben ist: Versucht wieder Halt zu finden. Freunde, Familie, Therapie. Man ist hier nie komplett aufgeschmissen, es gibt immer Anlaufstellen, man muss es nur wagen und nicht aufgeben.